Android App "Subwoofer Optimizer"
Worum geht es?
Damit Musik auch bei geringen Lautstärken druckvoll und nicht schwammig klingt, müssen alle Anteile des Frequenzspektrums gleichzeitig beim Ohr ankommen. In der Praxis ist das oft nicht der Fall, weil z. B. die vorderen Lautsprecher einige Meter näher am Hörer als der Subwoofer stehen: Die Bässe (vom Subwoofer) kommen also etwas später beim Hörer an, da der Schall einen weiteren Weg zurücklegen muss. Auch bei gleicher Entfernung können solche Verzögerungen auftreten: Der Luft im Hörraum oder in der Bassreflexbox schwingt sich erst etwas auf, wodurch es einige ms dauert, bis der maximale Schalldruck erreicht ist. Subwoofer Optimizer hilft, geeignete Aufstellungen und Einstellungen zu finden, um das zu kompensieren.Bedienungsanleitung für die App
Der Subwoofer sollte so gut wie möglich aufgestellt und konfiguriert sein. Bessere Startbedingungen führen eher zu einem guten Optimierungsergebnis.
Es muss geklärt sein, wie der der "Delay" Regler bedient wird. Schon Receiver der Einstiegsklasse bieten solche Einstellmöglichkeiten an: Oft nicht als "Delay", sondern als "Entfernung". Erhöht man diese Einstellung z. B. um 1 m, so wird der Subwoofer entsprechend (ca. 3 ms) früher mit dem Schallsignal versorgt. So soll die Dauer ausgeglichen werden, die der Schall über den längeren Weg zum Hörer braucht. Ziel ist, dass der Schall gleichzeitig mit dem Output der anderen Lautsprecher ankommt. Vorsicht: Der zeitliche Abgleich von Bild und Ton wird bei A/V-Receivern auch oft "Delay" genannt und hat damit nichts zu tun.
In der Praxis ist die Entfernung in Metern aber oft nicht der einzige Faktor für die Verzögerung des Schalls. Sowohl im Subwoofer als auch im Hörraum gibt es weitere Verzögerungen, da sich der Bass erst "aufschwingt". Die Luft verhält sich ähnlich wie hin- und her bewegtes Wasser in einer Badewanne.
Die App ist wie folgt zu bedienen:
- Im Receiver die Einstellung für "Delay"/"Entfernung" für Subwoofer suchen.
- Sicher stellen, dass der Sound Prozessor im Receiver arbeitet, aber zunächst neutral eingestellt ist. (bei der Einstellungen wie "Pure" oder "Direct" wird dieser überbrückt).
- Das Android Gerät wie zum Musik hören verbinden (wenn vorhanden auch mit dem Messmikrofon) und die Messung starten.
- Wenn die Messung ok war, erscheint als erste Orientierung ein Text mit Einstell-Vorschlägen. ENTWEDER daraus den Wert für den Delay übernehmen ODER BESSER den Wert aus der entsprechende Kurve ablesen und übernehmen (siehe nächster Abschnitt).
- Zur Kontrolle den Hörtest starten.
- Delay ggf. nachstellen und Messung wiederholen.
- Optional den Subwoofer probeweise verpolen oder (sofern es einen solchen Regler gibt) die Phase einstellen. Ziel der Einstellung ist, dass Lautsprecher und Subwoofer bei der Übergangsfrequenz in Phase sind, also nicht "gegeneinander arbeiten". Der Frequenzgang sollte deshalb (je nach Methode) bei der Übergangsfrequenz ausgeglichen sein oder sogar einen möglichst hohen Wert haben. Wichtig ist, dass er nicht einbricht.
- Messung wiederholen und Phaseneinstellung beibehalten oder rückgängig machen.
Nach dieser Korrektur kann ein weiterer neuer Zyklus begonnen werden. Dabei sollte auch wieder die Phase nachgestellt werden, sofern es einen solchen Regler gibt. Leider gibt es kein Patenrezept für eine Abschätzung, ob das lohnt. Im professionellen Audio-Bereich wird in einer Endlosschleife automatisiert gemessen, während der Delay Regler eingestellt wird [Goertz 2020].
Interpretation der Group Delay Kurven
Als erstes Ergebnis wird ein Text mit Empfehlungen für die Delay-Einstellung ausgegeben. Dieser sollte nur als erste Orientierung dienen: wesentlich mehr Informationen steckt in den Plots für Gruppenlaufzeit und Frequenzgang.
Der obere Plot (Gruppenlaufzeit) zeigt, bei welchen Frequenzen das Signal wie stark verzögert ankommt. Größere y-Werte entsprechen längeren Laufzeiten. Im folgenden Beispiel waren zwei Lautsprechern der Mittelklasse (Quadral Chromnium Style 50) und zwei Subwoofer an einem Denon Receiver im Einsatz:
Bilder zum Vergrößern anklicken. Links: Einstellmöglichkeiten für Delay bei einem Denon Receiver. Mitte und Rechts: Auswirkungen davon (siehe Text) als Screenshots von "Speaker Optimizer". Blau = linker, rot = rechter Kanal.
In beide Diagrammen wurden zur Veranschaulichung nach Augenmaß 2 gerade Hilfslinien eingezeichnet, die ein ausgewogenes Verhältnis zu den höheren Frequenzen andeuten sollen. Mehr Genauigkeit ist nicht erforderlich, die Hörschwelle liegt (bei diesen tiefen Frequenzen) bei 10 bis 20 ms. Die linke Messung liefert mit etwas gutem Willen gerade noch akzeptable Werte, da sich (fast) alles in einem solchen Bereich abspielt. Die rechte Kurve wurde gemessen, nachdem die Einstellung "Entfernung" im Receiver 3 m verringert wurde. Man sieht, dass der Bassbereich dadurch um ca. 10 ms angehoben ist (=später ankommt) und dadurch wiederum besserer mit dem rechten Teil harmoniert. Damit ist die korrekte Einstellung hinreichend genau gefunden. Die "Buckel" ab ca. 100 Hz sind wahrscheinlich eine Folge von Raumresonanzen. Wie oben beschrieben, sollte das im nächsten Schritt angegangen werden.
Die unteren Kurven "Freq" zeigen die (im Grunde viel wichtigeren) Frequenzgänge. Man sieht, dass die Subwoofer zu stark eingestellt sind: Der linke Teil der Kurve ist im Vergleich zum Rechten höher. Außerdem sollte geprüft werden, ob beispielsweise die Resonanz bei knapp 50 Hz (grauer Kreis) beseitigt werden kann.
Zum Vergleich wurde eine Messung mit zwei Elektrostaten (Martin Logan ESL 9) in einem besser gedämmten Hörraum durchgeführt:
Messergebnis mit besseren Lautsprechern in einem besser gedämmten Raum. Links: Hörplatz, Rechts: gesuchter ungünstiger Platz.
Man sieht insbesondere die bessere Zeitrichtigkeit bei höheren Frequenzen, die wohl auf die elektrostatischen Wandler zurückzuführen ist. Das Bild ist insgesamt erheblich ausgewogener (links). Der Höreindruck unterscheidet sich entsprechend. Allerdings kann man auch hier erhebliche Schwankungen finden (rechts), wenn man nur lange genug sucht, d.h. verschiedene Mikrofonpositionen ausprobiert. Im Umkehrschluss heißt das, dass einzelne isolierte Buckel, die bei Änderung der Mikrofonposition verschwinden wenig Bedeutung haben. Solche Stellen, an denen bestimmte reflektierte Wellen "sehr hoch schwappen" sollten sich natürlich nicht gerade an den Hörplätzen befinden.
Die Messungen wurden mit einem Messmikrofon durchgeführt, allerdings können viele Erkenntnisse bereits mit dem eingebauten Mikrofon gängiger Android Geräte gesammelt werden. Die Grenzen werden hier aufgezeigt.
Wie ist die Subwoofer-GLZ ohne Delay Regler korrigierbar?
Im Allgemeinen will man die GLZ verkürzen. Bei gängigen Heim-Setups sollte das erste Augenmerk auf den Hörraum gerichtet werden: oft entstehen durch Raumresonanzen Gruppenlaufzeiten, die die der Subwoofer um das 10- oder 100-fache übersteigen. Wenn der Raum weniger Energie aufnehmen kann, verkürzen sich die GLZ. Dazu müssen insbesondere die Raummoden bedämpft werden, z.B. durch Helmholz- oder Plattenresonatoren. Auch aktive Dämpfungen durch mehrere Subwoofer (Double Bass Array) sind möglich. Je mehr Subwoofer eingesetzt werden, desto wahrscheinlicher ist eine günstige Verteilung einzelner Resonanzen und desto kürzer (also besser) wird die GLZ. Die GLZ der Subwoofer kann verringert werden, indem sie bei möglichst tiefer Frequenz und mit niedriger Oktavensteilheit abgekoppelt werden. Die restlichen Lautsprecher sollten alles, was sie können, auch übernehmen.
Abstimmung mehrerer Subwoofer
Besser einfach parallel schalten?
Bei mehreren Subwoofern verbessert sich das Ergebnis erfahrungsgemäß schon erheblich, wenn man sie "einfach nur" gut aufstellt (siehe Link am Anfang des Textes) und parallel betreibt, d.h. mit dem gleichen Signal ansteuert. Das Einmessen geschieht dann analog zum einzelnen Subwoofer, wobei sich der Aufwand natürlich durch mehr Aufstellungsmöglichkeiten erhöht. Ob weiteres Feintuning der einzelnen Subwoofer angemessen ist, kann pauschal nicht beantwortet werden. Sicher wird es wichtiger, wenn die Trennfrequenz höher wird, also die Subwoofer einen Teil der Musikwiedergabe übernehmen und weniger wichtig, wenn sie nur für Film-Effekte da sind. Wenn verschiedene Subwoofer kombiniert werden, eröffnet es nach eigener Erfahrung ebenfalls deutlich hörbare Verbesserungsmöglichkeiten. Wichtigstes Gegenargument ist neben der Einfachheit, dass jeder Subwoofer auf seinem vorgesehenen Pegel gefahren werden kann und so das Signal bei lauten Passagen optimal verteilt ist. Auch wenn zusätzlich das Bass signal auf verschiedene Kanäle verteilt ist (Bass rechts, Bass links) würde eine weitere Nachregelung sicher nur noch Zufällige Ergebnisse liefern. [Welti Harman] spricht in diesem Zusammenhang "questionable advantages to using multiple bass channels".
Speaker Management Systeme mit 6 Ausgängen mit jeweils getrennten Einstellmöglichkeiten für Phase, Delay, EQ, Limiter sind mittlerweile Für weniger als 250 EUR erhältlich (Behringer DCX2496 Ultra-Drive Pro, Stand 2021). Vor einigen Jahren war das noch die Leihgebühr pro Tag. Bei 4 Subwoofern, die in 3 Raumrichtungen bewegt werden können (bei Linkwitz Dipolen kommen noch Drehungen für die Abstrahlungsrichtung dazu), und den genannten Einstellmöglichkeiten wird schnell klar, das ein festes Vorgehensschema, möglicherweise in Verbindung mit maschinellen Simulationen unumgänglich ist. Andernfalls endet die Optimierung durch den "Fluch der vielen Parameter" als unsystematische Bastelei. Das folgende Schema basiert auf etablierten Vorgehensweisen un hat sich in der Praxis bewährt [YouTube Video]
- Zielkurve: Anfangs sollte kein linearer Frequenzgang angestrebt werden. Vielmehr sollte der Bassbereich bis ca. 80 Hz um 6 dB angehoben werden. Begründung: Kompensation des subjektiv schwächeren Bass Empfindens in "kleinen" Räumen (Wohnräume - Raummoden) und sehr kleinen Räumen (Auto - Druckkammer). [Literatur]
- Die Optimierung der einzelnen Hörplätze sollte bis maximal 80 Hz erfolgen Begründung: 1/4 der Wellenlänge, also die zu erwartende Entfernung zwischen lautester und leisester Stelle, ist bei 80 Hz dann ca. 1 m. Bei der typischen Bewegungsfreiheit der Hörer sind also schon Unterschiede zu erwarten. Unter Umständen erfolgt die Bewegung hauptsächlich in nur parallel zu der Wellenfront (z.B. auf einer Couch parallel zur Wand). Dann sind theoretisch für höhere Frequenzen auch weitere Bewegungen ohne Pegeländerungen möglich. In der realen Welt ist das aber nicht nutzbar.
- Einzelne Raumresonanzen zwischen 80 Hz und der Schröderfrequenz sollen nur noch anhand ihres mittleren SPL an allen potentiellen Hörplätzen bekämpft werden. Bei der Aufstellung der Subwoofer und für die Raumgeometrie selber kann naturgemäß mit sehr viel genaueren Werten gearbeitet werden.
- Für die Phase sollte im Vorfeld für 1 Konzept entschieden werden: - DBA - Co Operative am Hörplatz -
- Der Delay sollte wie folgt vorgegeben werden:
- Grundlage sollten Summenfrequenzgang, Phase und Impulsantwort sein. Wasserfalldiagramme werden nicht verwendet. Begründung: Der zeitliche Verlauf des Schallpegels (Wasserfalldiagramm) kann verwendet werden zur Bestimmung einer bestimmten "Reverbration" eines Wellenpaketes vs. long room avg time. Dadurch können Störungen durch Gänge mit langen Schalllaufzeiten (langer Flur, Klima Kanal...) gefunden und gezielt angegangen werden. Bei Wohnräumen hat das untergeordnete Bedeutung. Ein kurzer kräftiger Nachhall und ein langer schwächerer Nachhall wirken psychoakustisch ähnlich (Echogedächnis) und auch durch ähnliche Maßnahmen bekämpft.
- Die Optimierung sollte keinen Lautsprecher um mehr als 5 dB "benachteiligen", d.h. es muss mit einer Aufstellung gestartet werden, die zumindest so gut ist, dass das Gesamtergebnis nicht besser wird, wenn einzelne SW "weggeregelt" werden. Keine AGC!
- Die Zielkurve ist unterhalb von 80 Hz um 6 dB SPL erhöht
- PRobemessungen mit den einzelnen Subwoofern, ohne Soundprozessor. Direkt, R, L, L+R.
- Messungen mit dem Setup Main Speaker "Large" i.e. full Range, SW Bass+LFE, XO 80 Hz (keine weitere Spezifikation, vermutlich 12/dB / okt).
- Delay (-dPhi/dW) auf 0. Phase SW In phase to each other . SPL at XO to watch.
- Ziel: Zeitrichtigkeit, dynamischer kräftiger Bass bei niedriger Lautstärke
- Ziel: Linearer SPL
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- Earl Geddes : "Multiple Subwoofers (and Low Frequency Reproduction) in Small Rooms" [] https://www.youtube.com/watch?v=SCWL-zusyqw
- [Welti Devantier] JBL ARCOS System (auf Basis des HARMAN Audio Test Systems): https://www.jblsynthesis.com/about/arcos.html "ARCOS utilizes eight microphones throughout the room to measure room and speaker acoustics, and supports the HARMAN Sound Field Management (SFM) system that minimizes seat-to-seat variation in bass response in a home theater system, uniquely available only from HARMAN." The difference is that Harman SFM uses 2/4 identical subwoofers placed symmetrically in-room. WElti
Hintergrundwissen: Gruppenlaufzeit, Phase und Delay
Zielgruppe
Alle, die ein gewisses technisch naturwissenschaftliches Interesse haben und das Kapitel Hintergrundwissen bereits gelesen haben. Alle, die Dinge wie "Phase", "Delay", zeitkorrigierte Lautsprecher, Laufzeitkorrekturen mit FIR Filtern genauer verstehen möchten.
Phase
Man kann die Phase eines Subwoofers um 180° drehen, indem man den Lautprecher umpolt. Insbesondere bei Subwoofern die auf der zu den Lautsprechern gegenüberliegenden Seite platziert sind, kann das den Klang verbessern. Einige Soundprozessoren bieten auch feinere Phaseneinstellungen zwischen 0 und 180° an, das kann den Klang weiter verbessern.
Videos
Teil 1 von 4: Wofür ist der Phasenregler beim Subwoofer, was bedeutet Delay? Wie kann man das mit Zentimetermaß und Smartphone einstellen?
Teil 2 von 4: Was macht die Speaker Management Unit Behringer Ultra Drive DCX 2496 genau, wenn man Phase und Delay einstellt? Funktionsgenerator und Oszilloskop zeigen Details, die mit Soundkarte und Software nicht zu sehen sind. Nebenbei wird durch Zufall eine interessante Eigenheit des 2 kW Class D Verstärker STA 2000D von IMG Stageline gefunden.
Teil 3 von 4: Was messen und zeigen Softwareprodukte wie REW oder Acourate?
4. Phase und Delay: Interpretation der Ergebnisse